Zu Besuch in Fürth

Vor ein paar Tagen war ich auf dem Weg nach Nürnberg, der Geburts- und Todesstadt meines Großvaters Franz Mack, da ich dort noch familiäre Angelegenheiten zu regeln hatte. Nürnberg ist für mich eine Art Kindheitsheimat, denn früher habe ich dort oft meine Oma Käthe und meine Patentante besucht. Mit meinem Vater nach Nürnberg zu fahren, der ja selber waschechter Franke war, dort im Winter auf den Christkindlesmarkt zu gehen, „drei im Weggla„, Brezen, oder andere regionale Leckereien zu futtern, war für mich etwas, auf das ich mich immer gefreut habe.

Heute sind die Verbindungen nach Nürnberg leider durch Todesfälle etwas abgerissen, so dass ich seltener dort bin als früher. Jetzt war es dennoch wieder so weit und diesmal beschloss ich, noch einen kleinen Abstecher ins nicht allzuferne Fürth zu machen. Denn dort war Opa Franz von Oktober 1914 bis Februar 1915 stationiert. Als Reservist beim 21. Infanterie-Regiment „genoss“ er hier seine militärische Grundausbildung.

Auf der Suche nach dem „alten“ Fürth

Die erste Postkarte der Sammlung ging an den Rekruten Franz Mack – in Fürth.

Die allererste Feldpostkarte aus meiner Sammlung von Opas Feldpost ging nach Fürth, ins „Rekrutendepot II“. Opa Franz bekam sie damals, im Oktober 1914, von seiner Cousine Grete. Darin bittet sie ihn darum, sich bald „in Uniform bewundern“ zu lassen. Eine Zeit, in der der Krieg noch frisch war und in der Bevölkerung und bei den Soldaten noch die Zuversicht herrschte, ihn bald zu gewinnen.

Bei meiner Reise nach Fürth, gut 104 Jahre später, wollte ich wissen: Lassen sich noch Spuren von Opa Franz‘ 21. Infanterie-Regiment im Stadtbild finden?
Und die Antwort ist ein klares JA!

Quellenlage dürftig

Rekrut Mack (nachkoloriert), möglicherweise in Fürth.

Natürlich habe ich versucht, mich vor Reisebeginn über die Militärvergangenheit von Fürth zu informieren. Das war auch gut so, denn vor Ort bin ich auf keinerlei Hinweistafeln oder Schilder gestoßen, die ein Licht auf die Vergangenheit der entsprechenden Gebäude werfen würden.

Kurzum: Wer sich für den Garnisonsstandort Fürth interessiert und sich tiefer einlesen will, dem sei als online-Lektüre zum einen das FürthWiki empfohlen (in diesem Fall besonders die Artikel zur „Artillerie-„, „Infanterie-“ und „Trainkaserne“). Zum anderen hat sich Stefan Schweizer, den ich liebevoll einen „Weltkriegs-Nerd“ nennen möchte, auf seiner Website mit der militärischen Vergangenheit von Fürth ausführlich auseinander gesetzt.

Die militärische Vergangenheit von Fürth

Ich will euch jetzt nicht mit Lexikon-Wissen zuschütten und Zahlen um Daten um Fakten endlos aufreihen. Nur so viel: Der Garnisonsstandort Fürth wurde „erst“ 1890 gegründet. Anfangs gab es nur eine Artilleriekaserne und die entsprechende Einheit (6. Feldartillerie-Regiment „Prinz Ferdinand von Bourbon, Herzog von Calabrien“), denn die Waffengattung Artillerie war damals die modernste. Später hinzu (1893) kam dann die Infanterie (erst das Königlich Bayerische 14. Infanterie-Regiment „Hartmann“, später, ab 1897, dann das erste Bataillon von Opa Franz‘ 21. Infanterie-Regiment). Im Jahr 1900 kam dann noch eine sogenannte Train-Abteilung hinzu (militärisches Transportwesen).

Auch im zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude als Kasernen genutzt und nach 1945 zogen dann die Amerikaner in die Gebäude, die sie erst 1994 wieder verlassen sollten.

Offizierskasino, Mannschaftsbaracken und Schießplatz

Für mich war nun eher interessant herauszufinden, wie sich die Anlage zu Beginn des Ersten Weltkrieges darstellte und in welchen der Gebäude mein Opa Franz sich aufgehalten haben könnte.

Eins vorweg: So ganz genau ließ sich das nicht rausfinden, denn die Kasernengebäude sind heute alle zu Wohnanlagen umfunktioniert. Wie ich bereits erwähnte: Vor Ort gibt es leider keinerlei Info-Tafeln oder ähnliches, die über die Vergangenheit der Gebäude Auskunft geben.

Das schöne Jugendstil-Offizierskasino der „21er“ in Fürth.

Die deutlichsten Spuren des KB 21 IR findet man am ehemaligen Offizierskasino in der Steubenstraße 27. An diesem hübschen Jugendstilhaus findet sich über der Pforte eine kleine Krone und das Kürzel „IR 21“. Natürlich hat Opa Franz als einfacher Soldat hier nie einen Fuß hinein gesetzt.

Wahrscheinlicher ist, dass er das ehemalige Exerziergebäude in der Ullsteinstraße, das „alte“ Mannschaftsgebäude oder das „alte“ Mannschaftshaus in der Steubenstraße oder die Speisesäle der Wirtschaftsräume der „neuen“ Infanteriekaserne in der Isaak-Loewi-Straße ausgiebig von innen betrachten durfte.

Blick auf die ehemaligen Kompaniekasernen in Fürth.

Hier noch eine reine Vermutung von mir: Der heutige angrenzende Südstadtpark könnte möglicher Weise früher als Schießplatz gedient haben. Fakt ist jedenfalls: Er wurde nach Abzug der Amerikaner 1996 geplant und ab 2000 in seiner heutigen Form erbaut.

Weitere Spuren in Fürth

Die Militäreinheiten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, nicht zuletzt Opa Franz‘ „21er“, haben also in Fürth tatsächlich bis heute sichtbare Spuren in der Stadt hinterlassen. Noch einmal: Diese Spuren erschließen sich leider nur dem Spezialinteressierten, der – belastet mit der entsprechenden Vorbildung – in der Lage ist, diese aufzuspüren.

Halbnackt und kampfbereit: Das Kriegerdenkmal im Stadtpark von Fürth.

Etwas einfacher und auch für den unbedarften Spaziergänger zu „lesen“ ist dann schon das Kriegerdenkmal an der Auferstehungskirche im Stadtpark an der Nürnberger Straße.

Hier blickt ein halbnackter Kriegerhüne mit Schwert am Gürtel und Knabenfigur zischen den Beinen heroisch vom 5 Meter-Sockel und erinnert in der seltsam völkischen Ästhetik seiner Zeit (erbaut 1922) mit einer Tafel an die Gefallenen aller Fürther Einheiten.

In der Kirche selbst kann man dann noch eine Gedenktafel der Fürther Kriegstoten des Ersten Weltkrieges finden. Die (gemessen an der Gesamttotenzahl der in Fürth stationierten Einheiten) vergleichsweise niedrig wirkende Menge an Namen, lässt darauf schließen, dass in den Fürther Einheiten hauptsächlich Bürger aus anderen Städten kämpften.

Gedenktafel mit den Namen der Fürther Kriegstoten.

So wie mein Opa Franz eben, der aus Nürnberg nach Fürth kam, um das Kriegshandwerk zu lernen, der unter dem Jubel der Fürther Bevölkerung ins Feld zog, fern der Heimat schwer verwundet wurde, aber doch halbwegs heil zurück kam und eben nicht zu einem der vielen Namen auf Gedenktafeln wurde (weder in Nürnberg noch in Fürth).

Mit meinem Besuch in Fürth bin ich seiner Lebensgeschichte wieder ein kleines Stückchen näher gekommen.

Eine kommentierte Fotogalerie meines Besuchs in Fürth habe ich hier zusammengestellt:

Enkel von Franz Mack. Studierter Historiker, ausgebildeter Journalist, Blogger und Autor. Dreht Filme als dervideograf.de.

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