17.08.1916: Waschweiber und Spießbürger

Feldpostkarte mit unverortbarem Motiv vom 17.08.1916 an die Eltern:

Liebe Eltern!

Mit langen Gesichtern werden heute alle Waschweiber, Spießbürger und Stammtischpolitiker einsehen müssen, dass sie sich wieder in dem Friedensdatum* getäuscht haben. Ich bin gesund.

1000 Grüße Franz

* Franz bezieht sich vermutlich auf die Friedenssehnsucht, die bei den kriegsmüden Soldaten und der unter Hunger leidenden Heimatbevölkerung in Deutschland herrscht, die zu diesem Zeitpunkt durch Artikel in der Presse befeuert wurde. Im „Kriegstagebuch“ eines Jungen aus Nürnberg heißt es beispielsweise im Eintrag vom 14. August 1916:

In den Zeitungen, die Papa mitbrachte, steht viel vom baldigen Frieden.

Und am 23. August 1916:

In Nürnberg spricht alles vom Frieden (…) Große Versammlungen finden immer statt (…) Das Arbeitervolk will vom Krieg nichts mehr wissen.

Im Bonner Teil der Deutschen-Reichs-Zeitung (zitiert nach: Bonner Geschichtswerkstatt e.V.) heißt es:

Enttäuscht war gestern morgen eine große Zahl von Mitbürgern und noch mehr Mitbürgerinnen, als sie kein Sonderblatt angeschlagen fanden, daß der Friede „ausgebrochen“ sei. Im Vertrauen auf eine viel verbreitete „Vorhersagung“ hatten sie nämlich heute das Ende des Krieges erwartet, und man glaubt nicht, wieviel Leute auf einen solchen Unsinn hereinfallen, der auf irgend einer künstlichen und törichten Zahlenspielerei aufgebaut ist. Diesmal sollte ausgerechnet der 17. August den Waffenfrieden bringen. Noch sind wir nicht so weit, und unsere Feinde müssen erst noch mehr zu Boden geschlagen werden, damit wir einen wirklich dauernden Frieden erreichen. Es gilt also noch durchzuhalten und mit Ruhe das Ende abzuwarten, ohne Prophezeiungen aus Zahlen, Karten oder dem in solchen Fällen beliebten Kaffeesatz. Der Friede wird schon eintreten, wenn auch nicht am heutigen Tage.

Feldpostkarte Erster WeltkriegFeldpostkarte Erster Weltkrieg Auf höheren Befehl


Aus dem deutschen Heeresbericht vom 17.08.1916:
„Südlich der Somme wurde in der Gegend von Belloy gekämpft. Die Franzosen haben hier in unserem vordersten Graben in etwa 500 Meter Breite Fuß gefaßt. Östlich davon und bei Estrées ist der Gegner abgewiesen.“
(Quelle: www.stahlgewitter.com/16_08_17.htm)

Feldpostkarte gelesen von Christian Mack (zum Abspielen anklicken):

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Enkel von Franz Mack. Studierter Historiker, ausgebildeter Journalist, Blogger und Autor. Dreht Filme als dervideograf.de.

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