(Dieses Video ist im Rahmen eines Medienpraxis-Seminars der Uni Köln am Tag der Bekanntgabe der Nominierten für den Grimme Online Award entstanden.)

Was ist Opas Krieg?

Opas Krieg ist der Versuch, auf die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ zurückzuschauen. Und zwar aus der Perspektive des Infanteristen Franz Mack aus Nürnberg. 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges veröffentlicht sein Enkel, Christian Mack, die Feldpostkarten des Großvaters erneut. Jede Karte geht auf den Tag genau, 100 Jahre nach dem sie verschickt wurde, hier online.

Woher stammen die Karten und welcher Zeitraum ist abgedeckt?

Die Feldpostkarten, die Franz Mack nach Hause schickte, stammen von der Westfront in Frankreich. Nicht immer lässt sich genau nachvollziehen aus welcher Umgebung genau sie versendet wurden. Das erste Lebenzeichen ihres Sohnes von der Front erhalten die Eltern Karl und Margarethe Mack am 03. Februar 1915. Die letzte Karte aus dem Felde schickt Franz am 28. April 1917 nach Hause. Am 08. Mai trifft ihn ein Granatsplitter ins Kreuzbein und verletzt seine Nervenwurzel. Der Krieg ist für Franz Mack beendet, eine lebenslange Behinderung die Folge. Die letzte hier erfasste Karte aus dem Lazarett schickt Franz Mack am 22. August 1917 nach Hause.

Ergänzt wird die Kartensammlung durch Feldpost der Brüder Alois und Hans Mack, sowie durch Postkarten von und an Kameraden und weitere Verwandte.

Warum das Ganze?

Geschichte will erzählt werden. Zwar ist die Geschichte des Ersten Weltkrieges bestens erforscht und dokumentiert, trotzdem erfahren wir in den Geschichtsbüchern selten die Eindrücke der unmittelbar am Geschehen Beteiligten. Die Postkarten von Franz Mack und seinen Brüder vermitteln diese persönlichen Eindrücke – und zwar auf ganz subjektive Weise.

Erwarten uns sensationelle neue Erkenntnisse über den Krieg?

Nein. Die Feldpost der Soldaten unterlag der Zensur. Angaben über Strategien, Truppenstärke oder Marschwege finden sich deshalb nicht in den Postkarten von Franz Mack oder jedes anderen Frontsoldaten. Da die Soldaten wussten, dass ihre Karten „mitgelesen“ werden, haben sie meist schon von sich aus keine Angaben gemacht, denen die Zensur drohte.

Was macht speziell Postkarten so interessant?

Vermutlich ist das Interessanteste an Feldpostkarten das nicht-Gesagte. Frontkämpfer und „Heimatfront“ hatten unterschiedliche Sichtweisen auf den Krieg. Teilten beide Seiten die Kriegseuphorie anfangs noch, so verloren die Frontsoldaten diese im Schützengrabenalltag schnell. Zermürbender Stellungskrieg, der Einsatz von Giftgas und der Takt von Maschinengewehr- und Artilleriefeuer taten ihr Übriges. Diese Diskrepanz mag ein Grund für das Unvermögen oder die Unwilligkeit der Frontsoldaten sein, für das Erlebte Worte zu finden. Worte, die dem Kriegsbild der Heimat möglicher Weise zuwider liefen und die die Illusion der „Heimatfront“ vom ehrenvollen und heldenhaften Krieg zerstört hätten. Die Botschaft der meisten Postkarten von Franz Mack lautet daher eher „Mir geht es gut, schickt mehr Wurst!“, statt „Dieser elende, blutige Krieg!“

Wie haben sich die Karten erhalten?

Auf manchen Karten nach Hause findet sich der handschriftliche Zusatz von Franz Mack: „Karte bitte aufheben!“. Dies taten die Eltern und Geschwister. Gesammelt wurde die gesamte Korrsepondenz in einem Fotoalbum, welches Franz Mack bis zu seinem Tod 1981 aufbewahrt hat. Seine Frau Käthe Mack gab es weiter an ihren Sohn Karl-Heinz. Dessen Sohn Christian verwahrt es nun.

Mehr zur Idee zu Opas Krieg auch auf www.der-mack.de, dem Blog von Enkel Christian Mack.

Enkel von Franz Mack. Studierter Historiker, ausgebildeter Journalist, Blogger und Autor. Dreht Filme als dervideograf.de.

7 comments On Über Opas Krieg

  • Viel Erfolg für das Projekt.

  • Pingback: Bonner Linktipps am Samstag: Bolzplätze, eine Zwitscherstube mit WLAN und gefallene Helden | Bundesstadt.com ()

  • Wolfgang Bischof

    Tolle Idee und Ansatz, das Vermächtnis der Vorfahren so vor der Vergessenheit zu retten.
    Ich frage mich nur bzgl. der Zensur, ob es die wirklich in der Form auch schon in 1914 gab, da die mir vorliegenden Briefe und Karten meines Ahnen das nicht wirklich nahelegen, wenn man deren extre kurze Postlaufzeiten beachtet.

    Mein Opa fiel gleich in 1914, aber seine Post kam bis dahin binnen Tagen an, als er noch im Land war und nur wenig länger, als er an der Westfront lag. Die Post ging in ein 600 Seelen Dorf, kam mitunter binnen 3 Tagen an, was die Antworten seiner Frau und Stempel verraten (seine Postkarten trugen Poststempel mit Datum und teils stunden genauer Leerungszeit; sie wiederum begann – wie er auch – ihren Brief mit „gestern kam Dein Brief an“).

    Das soll keine Kritik sein, nur ein Eindruck.
    Weiter so und ich bin gespannt, was noch kommen wird.

    Evtl. wäre es auch interessant zu erfahren, welchen Weg dieser Schatz an Materialien nahm, wobei sicher der Opa diese lange bis zum Tode verwahrt hatte.
    Doch was geschah damit seither – wer hat ihn vor dem Sperrmüll gerettet und wie entstand die Idee, dass es jetzt endlich Zeit wäre, sie zu veröffentlichen?

    Kann sein, dass das schon irgendwo hier zu finden ist, ich nur noch nicht gelesen habe, da ich diese Site erst jetzt entdeckte.

    • Hallo Herr Bischof!
      Ein wenig Hintergrund zu den Quellen gibt es hier: http://opaskrieg.de/video-die-quellen-hinter-opaskrieg-de/ und im about.
      Was die Zensur angeht: Die Karten kamen in der Tat sehr schnell an, das ist richtig. Manche Ortsmarken auf den Karten von Franz Mack sind geschwärzt worden. Für Feldpost gab es Zensurstellen und als Soldat musste man davon ausgehen, dass die Post „von oben“ mitgelesen wurde. Allerdings ist es bei der Menge an Feldpost (einige Quellen sprechen von 11.000.000.000 Sendungen aus dem Feld in die Heimat während der gesamten Kriegsdauer) wohl kaum möglich gewesen, jeden einzelnen Brieg oder Karte zu überwachen.
      Danke für den Kommentar und das Interesse an der Seite! 🙂
      Viele Grüße
      Christian Mack

  • Jürgen Fürmeyer

    Großes Lob und hohe Anerkennung für diese Arbeit! Es ist wichtig, dass die Ereignisse unserer Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten.
    Ich beschäftige mich seit Jahren mit der Ahnenforschung und musste überraschend feststellen, dass sich die Wege viele meiner Vorfahren und die der Vorfahren meiner Frau gekreuzt haben. Teilweise haben sie in den gleichen Regimentern und in zwei Fällen sogar in der gleichen Kompanie gedient. Nicht alle sind gesund zurück gekommen, viele haben, vor allem im I. WK, ihr Leben verloren.
    Die Einzelschicksale dürfen nicht vergessen werden!
    Lieber Herr Mack, machen Sie weiter so! Sie leisten einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft.
    Mit lieben Grüßen aus Saarburg
    Jürgen Fürmeyer

    • Lieber Herr Fürmeyer,
      haben Sie vielen Dank für diesen Kommentar und das Lob, über das ich mich wirklich sehr freue! 🙂
      Über dieses Projekt bin ich selbst erst tiefer in die Erforschung meiner Familiengeschichte eingestiegen, habe Verwandte kennen gelernt, von denen ich vorher nichts wusste und konnte mit Hilfe einer dieser Verwandten die Ahnenreihe sogar bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Ich kann also gut nachvollziehen, wie spannend auch Ihre Spurensuche in der Familiengeschichte sein muss!
      Beste Grüße und nochmals vielen Dank
      Christian Mack

Leave a reply:

Your email address will not be published.

Site Footer