In den Morgenstunden des 08.05.1917 beginnt Franz Macks 21. Infanterie-Regiment einen Sturmangriff auf das winzige französische Dörfchen Fresnoy. Bei diesem Angriff trifft ein Granatsplitter aus deutschen Artillerierohren Franz in der Kreuzbeingegend und verletzt dabei auch Nervenkanäle.
Franz verbringt darauf 16 Monate lang in Lazaretten. Der Granatsplitter wird ihm bereits im Juli 1917 zu Hause (an der technischen Hochschule München) herausoperiert. Die Verletzung beendet seine Laufbahn beim Militär. Franz Mack ist nicht mehr diensttauglich und muss deshalb nicht mehr zurück in den Schützengraben.
Das Dorf Fresnoy war in den Tagen vor der Rückeroberung durch die Deutschen einer der “Hot Spots” der Arras-Front. Anfang April war den Alliierten der Durchbruch der deutschen Verteidigungsstellungen unweit der Vimy-Höhen gelungen.
In Ernst Jüngers weltberühmten Kriegserinnerungen “In Stahlgewittern” ist dem Dorf Fresnoy, in dem Franz verwundet wurde, ein ganzes Kapitel gewidmet. Darin heißt es unter anderem:
In Fresnoy löste eine kirchturmhohe Erdsäule die andere ab, jede Sekunde schien die vorhergehende noch übertrumpfen zu wollen. Wie durch Zaubermacht wurde ein Haus nach dem anderen vom Erdboden eingesogen; Mauern brachen, Giebel stürzten, und kahle Sparrengerüste wurden durch die Luft geschleudert, die benachbarten Dächer abmähend. Über weißlichen Dampfschwaden tanzten Wolken von Splittern. Auge und Ohr hingen wie gebannt an dieser wirbelnden Vernichtung.
Jünger war kurz vor dem Verlust des Dorfes an die Engländer in diese Gegend gekommen, um eine Nachrichten- und Beobachtungsstelle in Fresnoy zu leiten. Aus seinen Kriegstagebüchern, die ihm als Vorlage zu “In Stahlgewittern” dienten und denen er auch oben stehende Schilderung über den Beschuss von Fresnoy fast wortwörtlich entnommen hat (Eintrag vom 28.04.1917), erfahren wir, dass Jünger Anfang April in auch dem auch bei Oberst Reber erwähnten Dorf Baumont (siehe weiter unten) ankam, welches “wahnsinnig überfüllt” gewesen sei.
Kaum in Fresnoy angekommen berichtet Jünger bereits von heftigem Beschuss durch die Briten und von der Sprengung des Kirchturmes von Fresnoy durch deutsche Pioniere (dadurch sollte die feindliche Artillerie wohl einen wichtigen Orientierungspunkt verlieren).
Jünger überliefert in seinen Tagebüchern immer wieder grausame Folgen des heftigen britischen Beschusses. Am 19.04.1917 hält Jünger fest:
Auf dem Rückweg sah ich am Marktplatz Fresnoy einen brennenden Keller. Darunter sollten 3 Mann begraben sein, verschüttet durch eine schwere Granate (…) Neben dem Keller lag mit zerfetzter Uniform ein Toter auf dem Bauche. Sein Kopf war abgerissen, das Blut war in eine Wasserpfütze geflossen. Als ein Sanitäter ihn herumlegte, um ihm seine Wertsachen abzunehmen, sah man, daß am Stumpfe seines Armes nur noch ein Daumen emporragte. Aus der schmutzigen Wunde hingen gleich weißen Fäden die Sehnen heraus. Unter den Trümmern des Kellers wird man natürlich auch nichts Lebendes mehr finden.
Über die Wirkung des Beschusses auf Fresnoy schreibt Jünger einen Tag später:
Am Abend machte ich noch einen Rundgang durch das Dorf. Es ist schon jetzt nicht mehr wieder zu erkennen. Die meisten Häuser sind schon zu Schutt geschossen. Als wir ankamen, standen Dorf und Kirche noch fast friedensmäßig. Das Kaliber dieser ungeheuren Dinger, die heute Nachmittag ins Dorf flogen, wird übrigens von den meisten alten Kriegern auf 30,5 cm geschätzt. Diese Dinger sind eigentlich grausige Gäste. So ein stilles Dörflein verschwindet fast, wenn ein solches Untier hineingeheult kommt.
Den Beschuss Fresnoys konnte Jünger vom Dach seines Beobachtungspostens genau studieren. Am 27.04.1917 notiert er ins Tagebuch:
Die Straße ist nur noch ein Chaos von Ziegelsteinen und ähnlichen Dingen, oft unterbrochen durch riesige Krater, versperrt von Telegrafenmasten, Bäumen, Gartentoren und anderen Dingern (…) Allmählich beginnt diese Menge an Einschlägen das natürliche zu werden, etwas worüber man nur staunt, wenn es nicht mehr da ist.
Jüngers Tagebuchberichte beschreiben also das immense Artilleriefeuer, dass die Briten auf Fresnoy legten, bevor sie ihren Infanterieangriff starteten. Jünger erlebte, wie das benachbarte Arleux eingenommen und Fresnoy sturmreif geschossen wurde, wurde aber versetzt, bevor die Briten das Dorf einnahmen. Am 28.04.1917 beschriebt er noch, wie seine Kellerunterkunft in Fresnoy durch einen indirekten Granattreffer einstürzt und die Lage allmählich “brenzlig” wird. Aus den Eindrücken dieses Granattreffers auf Fresnoy formulierte Jünger nach dem Krieg die oben zitierte Passage für “In Stahlgewittern”.
Nach Jüngers Weggang aus Fresnoy begannen die deutschen Rückeroberungsbestrebungen. Ende April/Anfang März ist die Frontlage unklar: Der Besitz der Stellungen wechselt von deutscher in englische Hand und wieder zurück. Ähnlich verhält es sich auch mit dem Ort Fresnoy.
Zur endgültigen Rückeroberung der Territorien inklusive Fresnoy wird nun die 5. Königlich Bayerischen Division, zu der auch Franz’ 21. Infanterie-Regiment gehört, Anfang März in die Arras-Front verlegt. Nikolaus von Endres, Bayerischer General und Befehlshaber der 5. Division, hält am 03.05.1917 in seinem Tagebuch folgendes fest:
Aus der Front (bei Arras, C.M.) heftiges Geschützfeuer hörbar. 11:15 (Uhr) V(ormittags) melde ich mich beim K(omman)deur der Gruppe Vimy, G.(eneral) d.(er) I.(nfanterie) v.(on) Fasbender (es handelt sich um den bayerischen General Karl von Fasbender, C.M). Er sagt, daß heute früh ein großer engl.(ischer) Angriff stattgefunden hat, bei dem Fresnoy u.(nd) Roeux verloren gegangen sind.
Von Endres berichtet, dass Roeux und Fresnoy noch am gleichten Tage wiedererobert und erneut an die Engländer verloren wurden. Zu diesem Zeitpunk weiß noch nicht einmal von Endres, der kommandierende General der 5. Division, wo genau im Arras-Gebiet seine Männer und er selbst zum Einsatz kommen sollen.
Am 04.05.1917 dann endlich Klarheit:
6:00 (Uhr) Ab(en)ds Mitteilung der Gruppe, daß ich am 7. Mai früh mit der Division das von der preuß.(ischen) 15. Res.(erve) Div.(ision) verlorene Fresnoy wieder zu nehmen u.(nd) diese Division abzulösen habe. Ich bin empört über den Mangel an Verständnis, den dieser kurz gesteckte Termin bedeutet; die doppelte Zeit zum Mindesten ist für die richtige Vorbereitung nötig. Ich werde energisch mich deswegen verwahren, durch eine solche Dummheit meine Division ins sichere Verderben zu hetzen. Ich sage mich morgen früh bei Exz.(ellenz) v.(on) Fasbender an. Auch wenn meinem Antrage, daß der Angriff erst am 9. früh stattfindet, stattgegeben wird, ist die Sache noch schwer genug. Ich bin über die schwere Aufgabe doch etwas erregt u.(nd) schlafe schlecht.
Einen Tag später notiert von Endres, dass seinem Wunsch, den Angriff auf Fresnoy auf den 09.05 zu legen, zwar erst entsprochen wurde, der Angriff aus taktischen Gründen aber letztlich doch einen Tag zuvor, am 08.05. zu erfolgen habe. Vor Ablösung der Preußen herrsche “vorne ein rechtes Durcheinander” und “keine Klarheit über den Verlauf der vorderen Linie”.
Auch in Rebers Erinnerungen des 21. Infanterie-Regiments erfahren wir einige Details über die Vorgeschichte des Sturms auf Fresnoy, etwa, dass der Ort bei einem “Massenangriff” zu einem “Trümmerhaufen” zerschossen und den Engländern samt anliegender Gräben in die Hände gefallen war, woraufhin Oberst Rebers Regiment, in dem auch Franz Mack diente, den Befehl zur Wiedereroberung erhalten hatte.
In der zerschossenen Kirche (im ca. 50 Kilometer von Fresnoy entfernten Beaumont, C.M.) wird in der Frühe des 6. (Mai 1917) noch ein kurzer Gottesdienst abgehalten. Vorne im Chor geht das heilige Opfer vor sich, im Kirchenschiff liegt an zerklüftetem Gemäuer ein Häuflein von 30-40 meist schwer verstümmelten Soldatenleichen, die den im Gotteshause Versammelten mit greifbarem Ernst die Frage in’s Bewußtsein drängen: “Morgenrot, Morgenrot, leuchtet mir zum frühen Tod?” (…)
Die Anordnung, dass Brunnenwasser nur im gekochten Zustand genossen werden darf, ruft Erinnerung an die Somme wach (…)
In der “kühlen, mondhellen” Nacht vom 06. zum 07. Mai und den ganzen 07. Mai hindurch wird Fresnoy von der deutschen Artillerie sturmreif geschossen. Über die Wirkung des Zerstörungsfeuers der über 20 zum Teil schweren Feldhaubitzen, 10 cm-Kanonen und Mörser-Batterien, die von der Artillerie der Nachbardivisionen noch unterstützt werden, heißt es:
Den ganzen Tag über ist Fresnoy und das den Ort umgebende Gelände in Feuer, Rauch und Wolken dunkel aufquellender Erdmassen gehüllt. Ein gewaltiges Dröhnen erschüttert die Luft. Bleiben auch die englischen Geschütze die Antwort nicht schuldig, so hat doch jeder die Empfindung, daß sie den unsrigen unterlegen sind.
Auch General von Endres spricht sich in seinem Tagebuch am 07. Mai anerkennend über die Leistung der deutschen Artillerie aus:
Ich beobachte das Wirkungsschießen meiner Artillerie, das gut zu liegen scheint.
Über den am nächsten Tag bevorstehenden Sturm macht sich von Endres Sorgen, da die Angriffsvorbereitungen in seinen Augen nicht zufriedenstellend ausgefallen waren:
Durch Doncourt (gemeint ist wohl eher das nord-östlich von Fresnoy gelegene Dorf Drocourt, C.M.) vor gegen Fresnoy, das von meiner Division genommen werden soll. Es ist ein Trümmerhaufen! (…) Die Vimy-Höhen überragen mächtig und sehen unser Gelände ein. Stellungen gibt es nicht, Vorkommen in die vorderste Linie bei Tage unmöglich. […] Überhaupt halte ich es für verfehlt, daß meine Division ablöst u.(nd) gleichzeitig angreift, die Nebendivision aber auch gleichzeitig abgelöst wird. Wenn die Sache nur gut ausgeht!
Reber beschreibt, dass das 21. Infanterie-Regiment am Morgen des 07. Mai vorrückt, aber nach dem verheerenden Artilleriefeuer kaum noch intakte Gräben zum Schutze vorfindet, weshalb noch eilig so gut es geht geschanzt werden muss:
Unterschlupfe irgendwelcher Art sind nicht vorhanden. Die Maschinengewehre und Minenwerfer, die keinen Graben vorfinden, bauen große Granattrichter zu Stellungen aus.
In der Nacht vom 07. zum 08. Mai wiederholt sich das deutsche Zerstörungsfeuer und es kommt auch Giftgas gegen die Engländer zum Einsatz. Franz’ Regiment mit einer Einsatzstärke von 75 Offizieren und 2.700 Mannschaften rückt nun in die Angriffsstellung vor. Reber schreibt darüber:
Eine Frage auf Leben und Tod ist es, ob unser Anmarsch und unsere Entwicklung zum Sturm dem Feinde verborgen bleiben. Bis jetzt streut seine Artillerie nur im mäßigem Grad das Gelände ab, ohne Verluste herbeizuführen.
Kurz vor Beginn des Sturmangriffs in den frühen Stunden des 08. Mai wechselt das Wetter von “untertags noch heiter und warm” zu “regenschweres, tief herabhängendes Gewölk”, das den Mond verdeckt.
3:00 Uhr morgens steht jeder Mann und jedes M.G. gedeckt in einem Graben oder Granatloch (…) Kaum ist die befohlene Stellung eingenommen, so geht ein ergiebiger Regen nieder (…) Noch eine Stunde 20 Minuten bis zum Antreten. Die Truppe ist in hoher Spannung. Für den jungen Soldaten gilts heute den ersten Sturm in seinem Kriegsleben, für den – allerdings nur mehr spärlich vertretenen – alten Kämpfer den ersten großen Angriff seit Oktober 1914 (…) Genaueres über Stellung und Kräfteverteilung unseres Gegners, der 2. kanadischen Division, ist von den völlig erschöpften 69ern nicht zu erfahren gewesen. Fröstelnd wartet man. Die Minuten schleichen. Der Regen rieselt und verwandelt den Boden allmählich in einen zähen Lehmbrei. Glücklicherweise läßt uns der Engländer unbeläßtigt; er ahnt offenbar nichts von dem ihm drohenden Ungewitter.
Den Beginn des Angriffs auf Fresnoy am Morgen des 08.05.197 durch sein 21. Infanterie-Regiment beschreibt Reber in seiner Regimentsgeschichte folgendermaßen:
Es ist 4:45 Uhr morgens und noch vollständig dunkel, da setzt mit einem Schlag ein tosender Feuerwirbel unserer Batterien ein; dampfend, glühend und sprühend lastet die Feuerwalze auf dem Sturmgefild, bereit sich in wenigen Minuten in Bewegung zu setzen, und alles Leben auf unserer Angriffsbahn zu zerstampfen (…) Noch ein paar Minuten und der Sturm bricht los! Alle Blicke richten sich gespannt auf die Führer. Aber den Leuten der 5. und 8. Komp.(agnie) werden die Minuten zu lang. 4:47 Uhr ist’s, da lösen sich in langen Linien aus unseren Gräben schattenhaft vorwärtsgleitende Gestalten (…) Hinter ihnen schiebt sich eine zweite, eine dritte Welle nach; die Männer sind nicht mehr zu halten.
Unter den schattenhaften Gestalten befindet sich auch Franz Mack. Der Sturmangriff gelingt nach heftigen Handgranaten- und Maschinengewehrkämpfen und unter hohen Verlusten. Engländer und Kanadier werden vertrieben und zum Teil bis hinter deren Stellungen verfolgt.
Laut späterem Selbstzeugnis wird Franz Mack beim Sturmangriff durch eigene Artillerie verletzt. Dass es tatsächlich bei den “21ern” Opfer durch eigene Feuertätigkeit gegeben hat, beschreibt auch Reber:
Bei der 2. Komp.(agnie), die viel zu weit vorgedrungen ist, treten nun Verluste durch unser eigenes Artilleriefeuer ein; Lichtzeichen “Artilleriefeuer vorverlegen” durchschneiden die morgendliche Dämmerung. Die 4. Komp.(agnie, in der auch Franz ist, C.M) erleidet zwar empfindliche Verluste durch das Nahfeuer feindlicher Infanterie und Maschinengewehre, nimmt aber (…) über alle Schwierigkeiten hinweg den 1. und 2. Graben.
Um halb sieben Uhr morgens hat das 21. Infanterie-Regiment sein Ziel, den Park von Arleux-en-Gohelle, dem direkten Nachbarort von Fresnoy, erreicht.
(…) Bis Arleux ist weit und breit außer Toten, Schwerverwundeten, Waffen und Ausrüstungsstücken (…) nichts zu sehen. (…) In den eroberten Gräben sieht es wüst aus. Überall liegen Verwundete, um deren Zurückschaffung zu den Verbandsplätzen im bois Bernard sich die Krankenträger (…) bemühen.
Auch Franz Mack ist – ebenso wie sein Kompagnieführer Leutnant Georg Kaul, dem er als “Bursche” dient – unter den Verwundeten, die vom Schlachtfeld transportiert werden müssen. Zunächst wird Franz einen Tag lang im Feldlazarett 256 versorgt, bevor er nach Lille und schließlich in die Heimat verlegt wird.
Im Heeresbericht des 08.05.1917 heißt es über den verlustreichen Sturm auf Fresnoy lapidar:
Heute morgen stürmten unsere Truppen Fresnoy und hielten den Ort gegen englische Wiedereroberungsversuche. Über 200 Gefangene und 6 Maschinengewehre sind bisher eingebracht.
Divisionsgeneral von Endres, der – anders als Franz Mack und Oberst Reber – den Angriff aus sicherer Entfernung erlebte, notiert am 08. Mai in sein Tagebuch:
Gut geschlafen; ich werde erst durch unser Trommelfeuer geweckt, das ganz mächtig ist.
Von Endres berichtet im weiteren Tagesverlauf über die sich abwechselnden Erfolge und Misserfolge des Sturmangriffs. Schließlich heißt es:
8:40 (Uhr) kommt Meldung 10. I.(nfanterie) Brig.(ade), daß 21. u.(nd) 19. R(e)g(imen)t die befohlene Linie haben (…) In Fresnoy über 200 Engländer gefangen, viele Masch.(inen)Gew.(ehre) erbeutet (…) 10:00 (Uhr) V(ormittags) kann ich der Gruppe melden, daß der Auftrag der Division erfüllt ist; vorderste Linie liegt etwa 200 Meter westl.(ich) Fresnoy (…) Ich bin mit dem Erreichten sehr zufrieden.
Über die englischen Gefangenen vom 08.05.1917 berichtet von Endres folgendes:
Die Leute machen z. T. einen ganz verwilderten Eindruck, Alter sehr verschieden, z. T. ganz jung z. T. recht alt. Sie machen einen sehr unsympathischen, z. T. frechen Eindruck.
Über den bereits zitierten Heeresbericht vom 08.05.2017 hatte sich General von Endres in seinem Tagebuch etwas aufgeregt, da die bayerische Herkunft seiner siegreichen Truppen keine Erwähnung fand. Der Heeresbericht vom 09.05.1917, den von Endres am gleichen Tag in seinen Aufzeichnungen erwähnt, konnte den bayerischen General dann aber wieder versöhnen. Er hält fest:
Heutiger Heeresbericht sagt: “bayer.(isch)-fränkische Regimenter, die gestern morgen Fresnoy mit großem Schneid gestürmt hatten, hielten den Ort gegen neue feindl.(iche) Angriffe u.(nd) brachten weitere 100 Gefangene ein” – das klingt besser als der gestrige nüchterne Text!
Franz Macks war an dieser Verteidigung aber nicht mehr beteiligt, da er bereits schwer verwundet auf dem Verbandsplatz lag. Sein einzig erhaltenes Selbstzeugnis zum Angriff auf Fresnoy und zu seiner Verwundung stammt aus der Zeit des Nationalsozialismus (1933) und ist Teil einer Rechtfertigungsschrift, in der Franz sich gegen den Vorwurf “Marxist” zu sein verteidigt.
Darin heißt es:
Deutschland war mir der Sinn harter Arbeit von Jugend auf, für Kasernenhof- und Kriegsdienst. Der Begriff: „Deutschland“ presste mir die Hand an den Gewehrschaft, ich knirschte das Wort als ich von deutscher Granate getroffen, in regenschwerer Nacht im schlammigen Trichterfeld lag. Sechzehn Monate Lazarettzeit, zwei Operationen, meine unangenehme Verwundungsfolgen entschuldigt ein Wort: „Deutschland“.
(…)
Einmal in meinem Leben, am 8. Mai 1917, wurde ich in dem Augenblick in den ich mit gefällten Seitengewehr (anderes Wort für Bajonett, C.M.) auf den Feind zustürmte von einer deutschen Granate in den Rücken getroffen.
Franz’ beim Sturm auf Fresnoy erlittene Kriegsverletzung prägt sein gesamtes Leben: Sie beendet für ihn nicht nur den Krieg, sondern auch seine Laufbahn als Lederzuschneider. Franz kann auf Grund der Verletzungsfolgen eine Beamtenlaufbahn einschlagen und steigt nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Marktamtsleiter der Stadt Nürnberg auf. Durch die Verletzung seines Rückenmarkes ist er lebenslang behindert, erlangt aber durch Therapien nach und nach seine Lebensqualität zurück. Zeitpunkt seiner Verletzung und der OP hält er in seinem Jahreskalender Fest, in dem sonst nur Geburtstage von Familienangehörigen eingetragen werden. Für Franz bedeutet die Überwindung der Verletzung also eine Art zweite Geburt.